Wer schonmal ein Haus oder eine neue Wohnung einrichten musste weiß wie anstrengend das sein kann. Besonders wenn man aus seinen Studiums-IKEA-Möbeln herausgewachsen ist und erstmalig sein Zuhause nach eigenem Geschmack einrichtet, wird vermessen, geschoben und gezeichnet. Dabei hört es oft nicht dem aufzeichnen der Wohnungsmaße auf Karo-Papier auf. Die einen zeichnen oder drucken auf Millimeter-Papier, nutzen Grafikprogramme um ihre Möbel zu platzieren oder basteln sich kleine Papier-Platzhalter. Ich muss gestehen, dass ich zu den Letzteren gehöre. So lustig die Vorbereitung des Umzugs und das Träumen von den eigens eingerichteten vier Wänden auch sein können, umso ärgerlicher ist es, wenn man sich um wenige Millimeter vermessen hat und plötzlich die Traumwohnung unvorhergesehen umgeplant werden muss nur in den seltensten Fällen eine einfache Aufgabe und den Schreibtisch oder Schrank plötzlich auf den Balkon zu stellen noch seltener eine gute Idee.
Augmented Reality soll nun allen Planern, ob Experten oder Privatpersonen, die nicht auf das Vergnügen des Träumens und Schiebens verzichten wollen, eine maßgenaue, zeitgerechte und individuelle Lösung bieten.
Was ist Augmented Reality?
Mit Augmented Reality wird eine neue Form der Kommunikation zwischen realer und virtueller Welt ermöglicht. Die Welt wie wir täglich wahrnehmen wird dabei mit virtuellen Objekten überlagert – und das in Echtzeit. Möglich ist dies durch Kameras in Computern, Smartphones oder in speziellen Displays, sogenannten Head-Mounted-Displays, wie der HoloLens.
Damit eine Augmented Reality Anwendung die Fusion zwischen den Welten jedoch ermöglichen kann, muss sie Nutzer oder zu überlagerndes Objekt zunächst lokalisieren. Dabei handelt es sich nicht zwingend um eine geografische Ortung über GPS-Daten oder Mobilnetz. Häufig verwenden Augmented Reality Dienste und Services sogenannte Marker. Diese funktionieren, ähnlich einem QR-Code, als 2-Dimensionale Muster oder Formen. Erkennt die Kamera nun einen solchen individuellen Marker oder befindet man sich an bestimmten, in der Datenbank eingespeicherten, Koordinaten, kann das Objekt digital überlagert oder ergänzt werden.
Einer, der schon 2013 die Chancen von AR für die Einrichtung der Wohnung erkannte war der deutsche Bad Spezialist Villeroy & Boch. Dieser brachte eine Augmented-Reality Einrichtungs-App auf die Play- und App-Stores. Auf der Webseite von Villeroy & Boch können Marker ausgedruckt werden, die anschließend an der Stelle angebracht werden sollen, an der sich später Waschbecken, Toilette und Co befinden sollen. Dann heißt es einfach Tablet davor halten und verschiedene Modelle ausprobieren. Auf diese Weise bleiben böse Überraschungen erspart und man sieht sofort wie sich das neue Bad in die Umgebung räumlich und optisch einfügt.
Auch das Einrichtungshaus IKEA hat auf ähnliche Art 2013 die Medien im Sturm erobert. Durch ihre Augmented-Reality Anwendung konnten die Kunden die Möbel virtuell direkt im Wohnzimmer virtuell platzieren. Marker war hierbei der Katalog.
Augmented Reality App von IKEA (Quelle: IKEA)
Augmentierte Einrichtung heute
Neue Fahrt nahm das Thema letzte Woche auf, denn neue Player betreten das Spielfeld. Eine wichtige Rolle im Markt der virtuellen Einrichtung könnten Lowe’s und Microsoft bald spielen. Am 18. März gaben beide Größen ihre Partnerschaft im Bereich Augmented und Mixed Reality offiziell bekannt. Lowe’s, ein amerikanisches Einzelhandelsunternehmen, das sich auf Heimwerk- und Haushaltsartikel spezialisiert hat, rollt gemeinsam mit dem Tech-Giganten eine eigene Küchenplanungs-Software aus. M dieser wollen sie die Art Einrichtungsgegenstände zu kaufen grundlegend verändern. Kernstück der Überlegung ist Microsofts lange erwartetes Baby, die HoloLens. Mit ihrer Mixed-Reality Oberfläche zeigt sie den Interessenten ihre Küche schon lange vorm Kauf. Die virtuelle Spielwiese für Küchenkäufer ist zunächst nur in einem Test-Store in Lynwood verfügbar, soll jedoch später auch an anderen Standorten eingeführt werden. In seiner Anwendung ist das System dabei äußerst intuitiv für Kunden und Verkäufer: einfach die HoloLens aufsetzen und aus einem großen Bestand an Bauteilen ihre Traumküche zusammenstellen. Völlig virtuell und vor allem völlig individuell.
Die Pläne sind jedoch zwar noch in ihren Kinderschuhen, doch die Partner denken schon viel weiter.
Whereas kitchens and showrooms are just the beginning, we imagine that a solution like this would be an ideal way to view renovation options in individual homes. In the same way that people often place tape or cardboard outlines of new furniture in their living rooms to properly assess size and scale relative to physical options – imagine a more high-quality, easily modifiable replacement to that task, powered by holograms. Imagine a view of your custom kitchen, within your existing kitchen space or reviewing options for a brand new dining room table and chairs without ever leaving home. – Microsoft
Das Kooperationsprojekt von Loew’s und Micsofort startet noch in diesem Monat.
Innovations-Profil
Das Anwendungsszenario der HoloLens in der Einrichtungsbranche ist im Großen und Ganzen eine Anpassungsinnovation. Dies begründet sich zum einen darin, dass Augmented Reality, was hier als Basisinnovation betrachtet werden kann, auf die speziellen Kundenwünsche und -bedürfnisse von der HoloLens als Ausgabegerät angepasst und modifiziert wird.
Dabei ergeben sich folgende Innovationsmerkmale:
Die Neuartigkeit der Anwendung von Augmented Reality zum Einrichten einer Wohnung oder eines Hauses fällt in den mittleren Bereich. Die Idee ist in der Einrichtungsbranche nichts Neues. Wie bereits beschrieben haben sowohl Villeroy & Boch, als auch IKEA bereits ähnliche Ansätze entwickelt. Microsoft und Loewe’s bringen diese Anwendungsszenarien mit der HoloLens jedoch auf ein neues und räumlicheres Level als bisher.
Unsicherheit ist ein weiteres Kennzeichen von Innovationen. Nachdem sowohl HoloLens, als auch Augmented Reality, bisher noch nicht zum Kaufalltag des Kunden gehören herrscht noch eine Unsicherheit über den Erfolg von virtuellen Anwendungen. Aus diesem Grund wird das neue Konzept des Einrichtens zunächst nur testweise in einem Store durchgeführt und erst bei Erfolg und nach möglichen Anpassungen ausgerollt. Kunden wie auch Händler müssen sich zunächst von den Vorteilen des rein optischen augmentierten Einrichtens ohne haptisches Feedback überzeugen. Somit fällt die Unsicherheit aktuell relativ hoch aus, sowohl von Kunden als auch Unternehmensseite.
Die Komplexität ist niedrig anzusetzen. Auch wenn sich die Methode der Produktauswahl verändert bleiben der Beratungsprozess im Handel und das Sortiment vorerst ähnlich. Kundenberater müssen zwar lernen mit der neuen Technologie umzugehen, was hohe Schulungskosten und –aufwand verursacht, haben jedoch keine grundlegende Veränderung ihres Arbeitsalltags zu befürchten.
Der Konfliktgehalt der HoloLens in der Einrichtungsbranche ist minimal bis nicht vorhanden.
Die von der Innovation betroffenen Kaufphasen sind die Recherche, Kauf und Abwicklungsphase in denen der Kunde direkt mit den Einrichtungsgegenständen interagiert. Dies kann sich sowohl im Laden, als auch, in einem erweiterten Modell der Anwendung, in der eigenen Wohnung abspielen.
Fazit: Die HoloLens im Einrichtungshandel vom Innovationsgrad im mittleren Sektor anzusetzen ist. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall von Vorteil. Händler haben, wenn es um die Einführung von Innovationssoftware geht, oft die Sorge ihre klassische Tätigkeit aus den Augen zu verlieren. Durch die schlichte Erweiterung des klassischen Berufsbilds der Verkäufer lässt sich die Anpassungsinnovation problemlos ins Handelskonzept integrieren und findet schnelleren und Zugang zu Angestellten und Kunden. Eine noch detailliertere Einschätzung lässt sich jedoch erst nach der Ausrollung der Anwendung abgeben.
Augmented Reality könnte also zunehmend in den Einrichtungsmarkt Esinzug halten. Was haltet ihr vom virtuellen Einrichten? Welche Beispiele kennt ihr? Ich freue mich über E-Mails oder Kommentare mit euren Ideen und eurem Input!
Beitragsbild: Microsoft