ChatGPTs neues Gedächtnis: Der Weg zur personalisierten KI

OpenAI hat am 10. April 2025 ein bedeutendes Update für ChatGPT vorgestellt, das der KI gewissermaßen ein Gedächtnis verleiht – und damit eine neue Ära in der Interaktion zwischen Mensch und Maschine einläutet. Mit der verbesserten Memory-Funktion kann ChatGPT sich nun an frühere Gespräche erinnern, sie analysieren und auf dieser Basis deutlich persönlichere, kontextbezogene Antworten geben. Was bisher ein reiner Chatverlauf war, wird nun zu einer langfristig nutzbaren Grundlage für intelligentere Gespräche – dynamisch, individuell und fortlaufend lernend. Die wichtigste Neuerung dabei: ChatGPT kann Informationen aus sämtlichen vorherigen Chats nutzen, nicht nur aus den explizit gespeicherten Erinnerungen, sondern auch aus automatisch erfassten Gesprächsmustern, sofern der Nutzer dies zulässt. Dadurch entsteht eine KI, die nicht mehr nur reagiert, sondern den Nutzer tatsächlich kennt.

Diese neue Gedächtnisfunktion geht jedoch weit über bloße technische Spielerei hinaus – sie ist ein gezielter Schritt hin zur personalisierten Assistenz auf Augenhöhe. ChatGPT merkt sich etwa, welchen Schreibstil jemand bevorzugt, welche Themen ihn oder sie interessieren oder wie detailliert Antworten ausfallen sollen. Wer regelmäßig über Technologie, Marketing oder Psychologie spricht, bekommt künftig Antworten, die tiefer gehen, passender formuliert sind und sich an den individuellen Wissensstand anpassen. Die Interaktionen werden dadurch nicht nur schneller und effizienter, sondern auch natürlicher. Gleichzeitig bleibt die Kontrolle über dieses neue Gedächtnis vollständig in der Hand der Nutzerinnen und Nutzer. Wer nicht möchte, dass ChatGPT Informationen speichert, kann die Funktion abschalten, einzelne Erinnerungen gezielt löschen oder im sogenannten „Temporary Chat“-Modus ganz ohne Datenspeicherung arbeiten.

Trotzdem wirft das Update – vor allem in datenschutzsensiblen Regionen – auch kritische Fragen auf. Da die Erinnerungsfunktion auf den Servern von OpenAI verarbeitet wird, stehen Themen wie Privatsphäre und Datensicherheit im Zentrum der Debatte. Besonders in der Europäischen Union, dem Vereinigten Königreich sowie in der Schweiz und weiteren EFTA-Staaten wird das Feature deshalb vorerst nicht ausgerollt. Hier laufen noch regulatorische Prüfungen, bevor eine mögliche Freischaltung erfolgen kann. Außerhalb dieser Regionen ist der Rollout dagegen in vollem Gange, allerdings zunächst nur für Plus- und Pro-Abonnenten. In den kommenden Wochen sollen auch Enterprise-, Team- und EDU-Konten Zugriff erhalten.

Ein weiteres zentrales Versprechen von OpenAI: Transparenz und Wahlfreiheit. In den neuen Einstellungen können Nutzer detailliert sehen, was die KI über sie gespeichert hat, diese Informationen verändern oder komplett löschen. Standardmäßig werden die Daten zwar weiterhin auch für das Training des Modells verwendet, aber wer das nicht möchte, kann dies in den Einstellungen ausschalten. Damit versucht OpenAI, die Gratwanderung zwischen nützlicher Personalisierung und verantwortungsvollem Umgang mit Nutzerdaten zu meistern.

Mit diesem Update schlägt OpenAI ein neues Kapitel für ChatGPT auf – eines, in dem sich die KI vom bloßen Werkzeug zum persönlichen Assistenten entwickelt. Es ist ein Vorgeschmack auf das, was viele als die nächste logische Stufe der KI-Entwicklung sehen: Systeme, die nicht nur Aufgaben erledigen, sondern mitdenken, sich erinnern und sich langfristig auf ihre Nutzer einstellen. Ob diese Vision aufgeht, hängt nicht nur von der Technik ab, sondern auch vom Vertrauen. Doch eines steht bereits fest: Der Grundstein ist gelegt – und das Gedächtnis der Maschine ist erwacht.

Alexander Pinker
Alexander Pinkerhttps://www.medialist.info
Alexander Pinker ist Innovation-Profiler, Zukunftsstratege und Medienexperte und hilft Unternehmen, die Chancen hinter Technologien wie künstlicher Intelligenz für die nächsten fünf bis zehn Jahre zu verstehen. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens „Alexander Pinker – Innovation-Profiling“, der Agentur für Innovationsmarketing "innovate! communication" und der Nachrichtenplattform „Medialist Innovation“. Außerdem ist er Autor dreier Bücher und Dozent an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt.

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