Künstliche Intelligenz wird für viele Menschen nicht nur ein praktisches Werkzeug, sondern auch ein möglicher Gesprächspartner – vielleicht sogar ein emotionaler. Das ist das zentrale Ergebnis einer aktuellen Studie des Digitalverbands Bitkom, die ein bemerkenswertes Bild vom Wandel menschlicher Kommunikation im digitalen Zeitalter zeichnet.
Wenn Rat nicht mehr von Menschen kommt
Laut der repräsentativen Umfrage, an der 1.209 Personen ab 16 Jahren in Deutschland teilnahmen, gaben 39 Prozent der Befragten an, dass sie sich vorstellen könnten, bei bestimmten Themen eher einen KI-Sprachassistenten um Rat zu fragen als Freundinnen oder Familie. Besonders ausgeprägt ist dieser Trend in der jüngeren Generation: 51 Prozent der 16- bis 29-Jährigen sind offen dafür – gegenüber nur 29 Prozent bei den über 65-Jährigen.
KI als „Freund“? Jeder Fünfte wäre bereit
Doch es geht nicht nur um praktische Hilfestellung. 18 Prozent der Befragten können sich vorstellen, eine freundschaftliche Bindung zu einem KI-Sprachassistenten aufzubauen. Die höchsten Zustimmungswerte gibt es in der Altersgruppe von 30 bis 49 Jahren (24 Prozent), die niedrigsten bei den 50- bis 64-Jährigen (11 Prozent).
Auch das Geschlecht spielt eine Rolle: 20 Prozent der Männer und 16 Prozent der Frauen zeigten sich offen für eine solche digitale Freundschaft.
Potenzial gegen Einsamkeit – vor allem für Jüngere
Eine weitere interessante Erkenntnis: 27 Prozent der Befragten glauben, dass KI-Sprachassistenten helfen könnten, Einsamkeit zu reduzieren. Besonders optimistisch sind hier wieder die Jüngeren – 34 Prozent der 16- bis 29-Jährigen teilen diese Einschätzung, bei den über 65-Jährigen sind es 24 Prozent.
Bitkom-Experte: Nähe ja – aber kein Ersatz für Menschen
Dr. Sebastian Klöß, Experte für Consumer Technology bei Bitkom, ordnet die Ergebnisse wie folgt ein: Sprachassistenten entwickeln sich durch KI zu persönlicheren Begleitern. Sie verstehen uns besser, reagieren individueller und können Nähe erzeugen – durch Sprache, Tonfall und Kontextverständnis.
Aber er warnt auch davor, diese Entwicklung zu überschätzen: Echte menschliche Beziehungen können dadurch nicht ersetzt werden, so Klöß. Vielmehr seien Sprachassistenten ein zusätzlicher Ratgeber – kein Ersatz für Freunde.
Altersunterschiede zeigen digitale Kluft
Die Studie zeigt deutlich, wie stark Alter und Technikaffinität die Einstellung zu KI beeinflussen. Während jüngere Menschen der Technologie gegenüber offen und experimentierfreudig sind, überwiegt bei Älteren offenbar noch Zurückhaltung oder Skepsis. Das könnte langfristig eine wichtige gesellschaftliche Herausforderung werden – etwa im Bereich digitaler Teilhabe oder Pflege.
Studienhintergrund
Die Umfrage wurde im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durch Bitkom Research telefonisch durchgeführt. Der Befragungszeitraum lag zwischen Mai und Juni 2025 (Kalenderwochen 20 bis 23). Ziel war es, ein repräsentatives Meinungsbild zur Rolle von KI-Sprachassistenten in Alltag und Beziehung zu erfassen.
Die Frage lautete: „Inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf Sie bzw. Ihrer Meinung nach zu?“
Download und weitere Analyse
Eine detaillierte PDF-Auswertung mit weiteren Alters- und Geschlechtsunterschieden ist direkt über die Bitkom-Website abrufbar. Die Ergebnisse liefern wertvolle Impulse für Gesellschaft, Politik und Technologieanbieter – gerade im Hinblick auf ethische Fragen, Datenschutz und psychologische Auswirkungen KI-gestützter Interaktion.
Fazit: Die Studie zeigt eindrucksvoll, wie KI-Sprachassistenten nicht nur als Helfer, sondern zunehmend als soziale Begleiter wahrgenommen werden. Die Grenze zwischen Mensch und Maschine wird dabei nicht aufgehoben – aber sie wird neu verhandelt.

