Künstliche Intelligenz verändert die Arbeitswelt mit rasanter Geschwindigkeit. Algorithmen analysieren Bewerbungen, optimieren Produktionsprozesse oder unterstützen im Kundenservice. Doch wer entscheidet eigentlich, wie diese Systeme eingesetzt werden? Und welche Rolle spielt dabei die Belegschaft? In Deutschland ist die Antwort klar: Mitbestimmung. Denn die Einführung von KI im Unternehmen ist nicht nur eine technologische, sondern vor allem auch eine soziale und rechtliche Herausforderung – und der Schlüssel zum Erfolg liegt oft nicht im Code, sondern im Dialog.
Mitbestimmung ist kein Bonus, sondern Pflicht
Rein juristisch betrachtet ist die Lage eindeutig: Sobald KI-Systeme zur Leistungs- oder Verhaltenskontrolle eingesetzt werden – was in der Praxis häufig der Fall ist –, hat der Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht. Die Grundlage dafür bildet § 87 Abs. 1 Nr. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes. Aber auch jenseits dieser Grenze, etwa bei der Einführung technischer Anlagen (§ 90) oder bei Fragen der Arbeitsgestaltung (§ 91), muss der Betriebsrat einbezogen werden.
In der Praxis heißt das: Unternehmen dürfen keine KI-Systeme einführen, die die Arbeitsbedingungen oder die Überwachung von Beschäftigten beeinflussen, ohne vorher die Mitbestimmung formal zu beachten. Wer diesen Schritt überspringt, riskiert nicht nur juristische Konsequenzen, sondern verspielt auch Vertrauen – und damit die Grundlage für eine erfolgreiche digitale Transformation.
Gemeinsam statt gegeneinander: Die Realität in den Unternehmen
Viele Unternehmen haben das erkannt. Die gängige Praxis sieht inzwischen eine enge Zusammenarbeit zwischen Geschäftsleitung, Betriebsrat und relevanten Fachabteilungen vor. Besonders häufig involviert sind die IT-Abteilung, die Personalabteilung (HR), die Rechtsabteilung (für Datenschutz, Compliance und Vertragsgestaltung) sowie die Fachbereiche, in denen die KI konkret eingesetzt wird.
Dreh- und Angelpunkt sind dabei Betriebsvereinbarungen, in denen der Zweck, die Funktionsweise, die Datenverarbeitung und Kontrollmechanismen von KI-Systemen genau geregelt werden. Diese Vereinbarungen sorgen nicht nur für Rechtssicherheit, sondern schaffen auch Transparenz – ein entscheidender Faktor für die Akzeptanz in der Belegschaft.
Erfolgsstrategien für mehr Vertrauen und weniger Widerstand
Der bloße Hinweis auf rechtliche Vorschriften reicht nicht aus, um Mitarbeitende von neuen Technologien zu überzeugen. Vielmehr geht es darum, Ängste ernst zu nehmen, Kompetenzlücken zu schließen und Partizipation aktiv zu gestalten. Bewährt haben sich in der Praxis vor allem folgende Strategien:
- Frühzeitige Kommunikation: Wer über KI-Projekte spricht, bevor sie fertig sind, schafft Vertrauen. Mitarbeitende wollen verstehen, warum eine KI eingeführt wird – und was das konkret für ihren Alltag bedeutet.
- Transparente Pilotprojekte: Kleine, klar definierte Anwendungsfälle, bei denen Nutzen und Grenzen der KI offen kommuniziert werden, helfen beim Einstieg. Erste Erfolge sprechen sich schnell herum – Skepsis weicht Neugier.
- Weiterbildung als Schlüssel: KI-Kompetenz fällt nicht vom Himmel. Wer Beschäftigte gezielt weiterbildet, reduziert Ängste und schafft echte Beteiligung auf Augenhöhe. Wichtig ist dabei, alle Gruppen mitzunehmen – vom Facharbeiter bis zur Führungskraft.
- Führung durch Vorbild: Führungskräfte spielen eine zentrale Rolle. Wenn sie KI nicht nur dulden, sondern aktiv nutzen und erklären, wirkt das wie ein Katalysator im Team.
- Expertenwissen einbinden: Der Betriebsrat hat das Recht, externe Sachverständige hinzuzuziehen – insbesondere bei komplexen Algorithmen oder Systemen mit hoher Eingriffsintensität. Dieses Recht sollte aktiv genutzt werden.
- Regelmäßige Überprüfung: KI ist keine statische Technologie. Deshalb sollten Betriebsvereinbarungen ausdrücklich regelmäßige Updates und Anpassungen an neue technische Entwicklungen vorsehen.
Mitgestaltung statt Misstrauen – ein Kulturwandel
Mitbestimmung beim Einsatz von KI ist mehr als ein juristisches Erfordernis – sie ist Ausdruck einer modernen Unternehmenskultur, die Wandel nicht verordnet, sondern gemeinsam gestaltet. Wenn Mitarbeitende wissen, dass sie gefragt sind, wenn ihre Erfahrung zählt und ihre Sorgen gehört werden, entsteht aus Unsicherheit Motivation.
Gleichzeitig erfordert dieser Wandel ein Umdenken: weg von rein technischen Projekten hin zu menschenzentrierten KI-Strategien, in denen der Einsatz von Algorithmen nicht zum Selbstzweck wird, sondern gezielt Arbeitsprozesse unterstützt, verbessert – und im besten Fall menschliche Stärken ergänzt.
Fazit: Wer KI will, braucht Beteiligung
Die Einführung von Künstlicher Intelligenz im Unternehmen ist keine rein technische Angelegenheit – sie ist eine Frage der Mitgestaltung. Rechtlich verpflichtend, praktisch unverzichtbar. Unternehmen, die Betriebsrat und Mitarbeitende frühzeitig einbinden, klare Regeln definieren und offen kommunizieren, schaffen nicht nur die Grundlage für eine gelungene Digitalisierung – sie bauen auch das Vertrauen auf, das für jede echte Transformation notwendig ist. Denn nur wenn der Mensch im Mittelpunkt bleibt, kann KI ihr volles Potenzial entfalten.

