Die Digitalisierung des Handels sorgt für die Beschleunigung und Vereinfachung des Einkaufs. Doch gehen diese Vorteile mit einigen Grenzen und Risiken einher, die bei der Initiierung eines innovativen Omnichannel-Konzepts berücksichtigt werden müssen. Grundsätzlich können diese in drei Risiko-Phasen unterteilt werden: die Zeit während des Einkaufs, bei der Kanalwahl und bei der Medienauswahl.
Verwirrung und Risikowahrnehmung als Digitalisierungs Probleme
Während des Einkaufs wird die Risikowahrnehmung der Kunden durch deren Einschätzung bezüglich Bezahlsicherheit, Flexibilität, Datenschutz und Rechtssicherheit bestimmt.
Um die Unsicherheiten auf Konsumentenseite zu reduzieren, gilt es, eine klare, transparente und proaktive Aufklärung bezüglich der Datensicherheit und der rechtlichen Voraussetzungen zu betreiben. Auch innovative Handelstechnologien können Unsicherheiten verringern. Anwendungen wie virtuelle Anproben ergänzen die Informationssuche im stationären Geschäft virtuell und bieten dem Kunden ein kanalübergreifendes Einkaufserlebnis.
Neben der Risikowahrnehmung beim Einkauf kann es bereits vor der eigentlichen Inanspruchnahme eines Kanals zu Unklarheiten beim Kunden kommen. Die sogenannte Konsumentenverwirrtheit entsteht durch das Angebot gleicher Leistungen in verschiedenen Absatzkanälen, besonders wenn die Kanäle zwar angeboten werden, jedoch eher unkoordiniert und inkonsistent zueinander wirken. Der Kunde kann daher häufig nicht erkennen, weshalb Sonderangebote nicht über alle Kanäle gleich kommuniziert werden oder die Sortimentsgestaltung im Online-, Mobile- und stationären Handel unterschiedlich ausfällt. Zu große Konsumentenverwirrtheit kann zu einem Aufschub oder Abbruch von Kaufentscheidungen, sinkender Kundenloyalität oder schlechten Weiterempfehlungen führen. Im Omnichannel-Handel gibt es verschiedene Dimensionen der Konsumentenverwirrtheit:
- Kanalähnlichkeit: führt im schlimmsten Fall dazu, dass Konsumenten die relevanten Leistungen eines Kanals nicht wahrnehmen und den „falschen“ Kanal nutzen;
- Kanalüberlastung: Konsumenten versuchen, in einer bestimmten Zeiteinheit eine zu große, durch die Kanäle hervorgerufene Informationsflut zu verarbeiten;
- Kanalunklarheit: Konsumenten verstehen die verschiedenen Vorteile der einzelnen Kanäle und deren individuelle Spezifika nicht und setzen diese daher nicht zielgerichtet und effizient ein.
Um die Konsumentenverwirrtheit zu minimieren, müssen Händler die Kanalähnlichkeit, Kanalüberlastung und wahrgenommenen Kanalunklarheiten verringern und in Abhängigkeit des vorhandenen Kundeninvolvements die Vorteile der einzelnen Kanäle unterschiedlich artikulieren.
Digitale Spaltung – der Ausschluss der nicht Digitalisierten
Die letzte Phase, in der die Digitalisierung des Handels auf Hindernisse stößt, ist die der digitalen Spaltung. Die digitale Spaltung beschreibt eine digitale Ungleichheit. Unter dem Begriff werden Unterschiede in den Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten von digitalen Medien, vor allem dem Internet, diskutiert. Das wesentliche Problem der digitalen Spaltung ist, dass durch die Digitalisierung des Handels mittels Mobile oder Internet nicht mehr alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen erreicht werden, wie es im stationären Handel seit jeher der Fall war. Bei Nichtnutzung technischer Ressourcen werden einige Konsumenten von den Vorteilen des Omnichannel-Handels nicht profitieren, sondern sogar von ihnen ausgeschlossen. Dies bezieht sich nicht nur auf das Internet, das nach der aktuellen ARD/ZDF-Onlinestudie immerhin 79,1 % der Bundesbevölkerung nutzen, sondern auch auf mobile Anwendungen wie Location-Based Services oder Augmented Reality. Besonders bei Anwendungen, die auf Standort-Daten zugreifen, sagen fast zwei Drittel der Smartphone Besitzer, dass sie aus Datenschutzgründen ihren Standort nicht bekannt geben. 27,5 Millionen Deutsche haben nach einer Statista-Umfrage aus dem Jahr 2014 nicht mal ein Smartphone mit der Möglichkeit, Apps herunterzuladen.
Um somit alle Konsumenten gleichermaßen zu bedienen, müssen Händler auch weiterhin ein einzigartiges und ganzheitliches mobiles, virtuelles und stationäres Einkaufserlebnis bieten. Die Verkaufskanäle verschmelzen zwar zunehmend, dürfen sich jedoch nicht gegenseitig kanalisieren. Jedem Kanal muss dieselbe Aufmerksamkeit zuteilwerden, und die einzelnen Spezifika der Kanäle sind zu berücksichtigen, sonst verliert der Omnichannel-Handel nicht nur seine Existenzberechtigung, es kommt auch zum Ausschluss der nicht digitalisierten Konsumenten. Trotz der aufgeführten Grenzen und Risiken bietet der innovative Omnichannel-Handel viele Chancen für Händler und Kunden, die zu einem auf die Zukunft ausgerichteten Handelskonzept dazugehören.